Küste Hero Istock-1540337901 Michael Workman
| Pressemitteilung

Künstliche Kiemen für Ozeangleiter

Hereon-Forscher entwickeln ein Energiesystem für autonome Unterwasserfahrzeuge

Autonome Unterwasserroboter, wie zum Beispiel Ozeangleiter, sind wichtige Hilfsmittel in der Meeresforschung. Die meisten tragen Lithium-Batterien in sich, die sie mit Strom versorgen. Doch diese Batterien bringen einige Nachteile mit sich. Deshalb haben Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum Hereon ein neues Energiesystem entwickelt. Mit Wasserstoff als Energieträger ist es deutlich nachhaltiger als Lithiumbatterien und ermöglicht eine größere Reichweite der Ozeangleiter. Die Besonderheit: Mittels Membrantechnologie entzieht es dem Meer Sauerstoff - ähnlich wie die Kiemen eines Fischs.

Das ist der erste Prototyp des neuen Energiesystems. Noch ist er zu groß, um in einen Ozeangleiter zu passen. Die Wissenschaftler optimieren ihn weiter. Foto: Hereon/Steffen Niemann

Das ist der erste Prototyp des neuen Energiesystems. Noch ist er zu groß, um in einen Ozeangleiter zu passen. Die Wissenschaftler optimieren ihn weiter. Foto: Hereon/Steffen Niemann

Ozeangleiter können sich mehrere Wochen lang eigenständig durch das Meer bewegen. Ihre Sensoren messen zum Beispiel Temperatur, Druck, Salzgehalt, Sauerstoffkonzentration oder Strömung. Mit Tauchgängen bis zu 1000 Metern Tiefe ermöglichen sie Messungen, die mit Forschungsschiffen kaum umsetzbar wären. Außerdem ist die Nutzung der Roboter kostengünstiger als die eines Schiffs. Doch die Lithiumbatterien stellen Forschungsteams vor Herausforderungen. Sie gelten als Gefahrgut und dürfen nur unter strengen Sicherheitsauflagen transportiert werden. Das erhöht die Kosten der Forschungsprojekte.

Natur als Inspiration

Dr. Lucas Merckelbach und Dr. Prokopios Georgopanos vom Helmholtz-Zentrum Hereon haben eine Alternative entwickelt. Statt Batterien wollen sie Gleiter mit einer Brennstoffzelle antreiben, die mit Wasserstoff und Sauerstoff Strom erzeugt. Der Wasserstoff soll erst am Einsatzort „getankt“ werden. Als sicherer und effizienter Speicher dient ein Behälter mit Metallhydriden. Diese speichern Wasserstoff, indem sie ihn chemisch in die Metallstruktur einbinden. Der nötige Sauerstoff wird hingegen nicht gespeichert, sondern direkt aus dem Meerwasser entnommen. „Die Natur ist da für uns eine große Inspiration“, sagt Merckelbach. Er arbeitet am Institut für Dynamik der Küstenmeere und nutzt Ozeangleiter selbst für seine Forschung.

Das Konzept hat Merckelbach zusammen mit Prokopios Georgopanos vom Institut für Membranforschung entwickelt. Georgopanos identifizierte eine sauerstoffdurchlässige Membran aus Silikon. Als Teil der Wand des Gleiters funktioniert sie wie künstliche Kiemen. Außen grenzt sie an das sauerstoffhaltige Meerwasser, innen an eine Leitung, die zur Brennstoffzelle führt. Die Sauerstoffkonzentration in der Leitung ist geringer als im Wasser. Dadurch wandert Sauerstoff aus dem Wasser automatisch durch die Membran ins Innere. Dieser Prozess heißt Diffusion. Über einen Luftstrom in der Leitung gelangt der Sauerstoff in die Brennstoffzelle, wo durch Reaktion mit Wasserstoff elektrische Energie entsteht.

Mehr Reichweite und Nachhaltigkeit

„Durch dieses System entfällt die Notwendigkeit einer Sauerstoffspeicherung an Bord. Das eingesparte Gewicht und Volumen kann für zusätzliche Wasserstoffspeicher verwendet werden. So können eine höhere Energiedichte und niedrigere Betriebskosten als bei aktuellen Batterielösungen erzielt werden“, erklärt Georgopanos. Die Gleiter könnten so noch länger unterwegs sein. Außerdem sei Wasserstoff als Energiequelle nachhaltiger als Batterien.

Schematische Darstellung des Stromversorgungssystems: Die Brennstoffzelle sowie der zirkulierende Luftstrom befinden sich in einem Druckbehälter. Die Membran, d. h. die künstliche Kieme, befindet sich an der Schnittstelle zwischen dem Gerät und dem Wasser und lässt Sauerstoff durch, der in den zirkulierenden Luftstrom gelangt und von der Brennstoffzelle verbraucht wird. Der Wasserstoff wird der Brennstoffzelle aus einem Metallhydridbehälter zugeführt. Ein passiver Wärmetauscher trocknet den Gasstrom ausreichend, um eine Kondensation des erzeugten Wasserdampfes zu verhindern. Quelle: Hereon/Lucas Merckelbach/Prokopios Georgopanos

Schematische Darstellung des Stromversorgungssystems: Die Brennstoffzelle sowie der zirkulierende Luftstrom befinden sich in einem Druckbehälter. Die Membran, d. h. die künstliche Kieme, befindet sich an der Schnittstelle zwischen dem Gerät und dem Wasser und lässt Sauerstoff durch, der in den zirkulierenden Luftstrom gelangt und von der Brennstoffzelle verbraucht wird. Der Wasserstoff wird der Brennstoffzelle aus einem Metallhydridbehälter zugeführt. Ein passiver Wärmetauscher trocknet den Gasstrom ausreichend, um eine Kondensation des erzeugten Wasserdampfes zu verhindern. Quelle: Hereon/Lucas Merckelbach/Prokopios Georgopanos

Georgopanos und Merckelbach haben ihr neues Energiesystem bereits patentieren lassen. In ihrem Paper „A Fuel Cell Power Supply System Equipped with Artificial Gill Membranes for Underwater Applications“ präsentieren sie ihren ersten Prototypen. Das Paper ist kürzlich im Fachjournal Advanced Science erschienen. Im Rahmen des MUSE-Projekts optimieren sie das System in den kommenden Jahren weiter. Dafür bekommt Hereon personelle Verstärkung an den Instituten für Membranforschung und Wasserstofftechnologie. MUSE ist ein gemeinsames Projekt mit dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven und dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, bei dem die Meerestechnik und -infrastruktur weiterentwickelt wird. „Diese interdisziplinäre Arbeit, die Kombination von Wissen aus der Küstenforschung, der Membranforschung und der Wasserstofftechnologie ist bei uns am Hereon möglich. Das ist einzigartig“, sagt Georgopanos.

Originalpublikation


Advanced Science

Weitere Informationen


Institut für Dynamik der Küstenmeere Institut für Membranforschung Institut für Wasserstofftechnologie MUSE-Projekt: Hightech gemeinsam unter Wasser bringen

Kontakt


Dr. Lucas Merckelbach

Wissenschaftler

Institut für Dynamik der Küstenmeere | Abteilung für Kleinskalige Physik und Turbulenz

Tel: +49 (0)4152 87-1515

E-Mail Kontakt

Dr. Prokopios Georgopanos

Abteilungsleiter

Institut für Membranforschung | Abteilung für Polymertechnologie

Tel: +49(0) 4152 87-2420

E-Mail Kontakt

Rabea Osol

Wissenschaftredakteurin

Kommunikation und Medien

Tel: +49 (0) 41 52 / 87 – 2944

E-Mail Kontakt