Immunantworten auf mRNA
Im Labor hergestellte synthetische mRNA kann eine natürliche Immunantwort in menschlichen Immunzellen wie Makrophagen auslösen. In vielen Anwendungen ist eine solche Zellaktivierung nachteilig. Chemische mRNA-Modifikationen haben sich als vielversprechendes Werkzeug erwiesen, um das Ausmaß der Immunantwort zu kontrollieren. Forschende des Helmholtz-Zentrums Hereon und des Berlin-Brandenburg Center for Regenerative Therapies (BCRT) haben gemeinsam mit der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Universität Potsdam und dem Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum die Reaktionen von Makrophagen auf synthetische mRNA mit unterschiedlichen chemischen Eigenschaften untersucht. Die Studie wurde in der Zeitschrift "Molecular Therapy - Nucleic Acids" veröffentlicht.
Transfektion primärer menschlicher Makrophagen und anschließende Analyse der zellulären Reaktion, einschließlich der Transfektionseffizienz und der Immunaktivierung. Moradian, H., Roch, et al., Molecular Therapy - Nucleic Acids (2022)
Proteine steuern und erfüllen unzählige Aufgaben im menschlichen Körper. Sie ermöglichen beispielsweise die Kontraktion unserer Muskeln, helfen beim Transport lebenswichtiger Stoffe aus der Umwelt in die Zelle oder bilden Antikörper und dienen somit unserem Immunsystem. Die Baupläne für körpereigene Proteine sind in der DNA innerhalb des Zellkerns gespeichert, wo sie von Enzymen in mRNA - oder auch Boten-RNA - umgeschrieben (transkribiert) werden. Die mRNA wird anschließend aus dem Zellkern in das Zytoplasma exportiert. Dort werden sie von Ribosomen abgelesen (translatiert), damit diese die codierten Proteine synthetisieren können – die in der DNA gespeicherte Information ist somit abgerufen. mRNA kann im Labor durch das "In-vitro-Transkription" (IVT) Verfahren hergestellt und modifiziert werden, was IVT-mRNA zu einer attraktiven Alternative zu rekombinanten virus- und proteinbasierten Arzneimitteln macht.
Modifikation von Makrophagen durch IVT-mRNA
IVT-mRNA ist als Instrument für die Gentechnik leicht herzustellen, wirkt nicht genotoxisch und kann effizient in Zellen eingebracht werden. Doch ihre Tendenz, unbeabsichtigte entzündliche Immunreaktionen auszulösen, stellt eine große Herausforderung für ihre klinische Anwendung dar. Zellen - insbesondere Immunzellen wie Makrophagen - erkennen IVT-mRNA als ein potenzielles "Gefahrensignal". Einfacher ausgedrückt: Sie halten die synthetische mRNA für ein eindringendes Virus. Fortschritte in der IVT-Technologie können den Weg ebnen, um diese Probleme zu lösen. So haben sich beispielsweise chemische Modifikationen der IVT-mRNA als hilfreich erwiesen, um Eigenschaften wie Stabilität, Immunreaktion und die Höhe der Proteinproduktion zu beeinflussen. In der Studie wurde die Wirkung verschiedener endständiger und interner Modifikationen von IVT-mRNA in einem In-vitro-Modellsystem auf der Grundlage primärer menschlicher Makrophagen untersucht.
Foto: Hereon/ Lisa Depenbrock
Einige der untersuchten chemischen Modifikationen, insbesondere die des mRNA-Bausteins Uridin, führten zu einer hohen Proteinproduktion, lösten aber nur vernachlässigbare Entzündungsreaktionen aus. "Unsere Arbeit liefert Leitlinien zur Entkopplung der Proteinproduktion von der Immunaktivierung. Perspektivisch tragen unsere Ergebnisse damit zur Vorhersage von Zellreaktionen bei. Diese sind wiederum für eine Vielzahl von therapeutischen Anwendungen relevant. Von der Auslösung kontrollierter Immunogenität in mRNA-Impfstoffen bis hin zur vollständigen Aufhebung der Zellaktivierung in Proteinersatztherapien", so Hanieh Moradian.
Publikation
- Chemical modification of uridine modulates mRNA-mediated proinflammatory and antiviral response in primary human macrophages Moradian, H. et al.
https://doi.org/10.1016/j.omtn.2022.01.004
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