Neue Software für Medizin und Industrie
Es ist ein Meilenstein im Computational Engineering: Die Software 4C (Comprehensive Computational Community Code) steht ab sofort weltweit als Open Source Software zur Verfügung. Ihr Potenzial: Sie kann komplexe Fragestellungen in der Biomedizin, im Ingenieurwesen und in Naturwissenschaften lösen. Entwickelt haben sie über 20 Jahre lang Forschende des Helmholtz-Zentrums Hereon, der Technischen Universität München und der Universität der Bundeswehr München.
Wechselwirkungen besser verstehen
Die Software 4C ist ein sogenanntes Multiphysik-Simulationsframework. Es handelt sich dabei um ein Computerprogramm, mit dem verschiedene physikalische Phänomene wie Wärme, Strömungen oder Verformung und Belastbarkeit von Strukturen gekoppelt berechnet werden können, um ihre Wechselwirkungen in den verschiedensten Anwendungen besser zu verstehen.
In der Biomedizin ermöglicht das beispielsweise, Computersimulationen mit spezifischen Eigenschaften von Patientinnen und Patienten durchzuführen und so menschliche Organe wie Herz und Lunge oder auch das Muskelskelettsystem zu analysieren. Medizinerinnen und Mediziner können so etwa Beatmungsstrategien von künstlich beatmeten Patienten bewerten oder Veränderungen am Herzen bei Bluthochdruck besser verstehen. Die geometrischen Formen der Organe für die 4C-Simulationen können dabei auf Computer-Tomografie-Scans (CT) basieren.
Ein mit der Software 4C simuliertes Herz (in aufgeschnittener Darstellung): links im gesunden Zustand und rechts mit aufgeweiteter Herzkammer aufgrund von Gewebeveränderungen ausgelöst durch Bluthochdruck. Farblich ist der lokale Massenzuwachs im Gewebe dargestellt. Der simulierte Zeitraum beträgt 600 Tage. Quelle: Amadeus M. Gebauer, LNM, TUM
In der Industrie simulieren Ingenieurinnen und Ingenieure mit 4C besonders das Wechselspiel von Festkörpermechanik und Elektrochemie, sowie Strömungen von Gasen und Flüssigkeiten. Diese Erkenntnisse helfen die Konstruktion und Leistung von Batterien zu optimieren. Bei additiven Fertigungsprozessen wie dem 3D-Druck ermöglicht 4C zum Beispiel die Analyse von Partikelgröße und -verteilung in den erzeugten Bauteilen. Hierdurch lassen sich die Bauteileigenschaften besser an ihre Anwendung anpassen.
Eine Software für alle
Die 4C-Community freut sich über Zuwachs. Quelle: Janina Datz (LNM, TUM)
4C ist unter einer sogenannten LGPL-Lizenz auf dem Onlinedienst GitHub kostenfrei nutzbar. Diese Lizenz ermöglicht Entwicklerinnen und Entwicklern in Forschungszentren, Universitäten und Firmen, 4C in ihre eigene Software einzubinden, ohne deren Quellcode offenlegen zu müssen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Ingenieurinnen und Ingenieure weltweit sind eingeladen zusammenzuarbeiten, die vorhandenen Grundlagen weiter auszubauen und Innovationen voranzutreiben. „4C bietet einzigartige Möglichkeiten für fortschrittliche Multiphysik-Simulationen“, sagt Prof. Christian Cyron, einer der Projektkoordinatoren vom Hereon-Institut für Werkstoffsystem-Modellierung. „Ich freue mich darauf zu sehen, welche entscheidenden Vorteile es nun sowohl der akademischen Gemeinschaft als auch der Industrie nach der Open-Source-Veröffentlichung bringt.“
Zur Software 4C
GitHub
Weitere Informationen
4C Webseite Institut für Werkstoffsystem-Modellierung Universität der Bundeswehr München: Institut für Mathematik und Computergestützte Simulation Technische Universität München: Lehrstuhl für Numerische Mechanik Technische Universität München: Professorship of Simulation of Additive Manufacturing Processes
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