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10 Fragen zum Thema Membranen und Wasser

Interview mit Dr. Volkan Filiz, Abteilungsleiter am Hereon-Institut für Membranforschung

Wasser ist wichtig – der Mensch braucht es zum Trinken, für die Landwirtschaft und die Industrie. Welche Anwendungen haben Sie beim Thema Membranen im Blick?

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Die Forschung an den Membranen im Labor ist ein wichtiger Teil Volkan Filiz‘ Arbeit. Foto: Hereon/ Christian Schmid

Ich beschäftige mich vor allem mit dem Thema Trinkwasser und Wasseraufbereitung. In Deutschland hat z. B. das Trinkwasser ausgezeichnete Qualität. In anderen Ländern aber ist es mit Schwermetallen, Bakterien oder Viren belastet. Leistungsfähige Membranen, die die Verunreinigungen zurückhalten, sind dort gefragt.

In einem Kooperationsprojekt mit der Technischen Universität Hamburg, Prof. Mathias Ernst ist hier zuständig, haben wir Membranen entwickelt, die Schwermetalle aus dem Wasser entfernen. Diese fallen unter anderem bei der Färbung von Textilien an.

Wie funktionieren Membranen technisch?

Am Hereon erforschen wir Membranen aus Polymeren. Die kann man sich wie eine Art Frischhaltefolie vorstellen. Diese Polymer-Membranen haben winzige Poren, durch die man Wasser hindurchpressen kann. Partikel, die größer als die Wassermoleküle sind, bleiben an der Membran hängen. Dafür muss das Wasser mithilfe von Pumpen durch die Membran gepresst werden, was natürlich Energie kostet. Polymer-Membranen kommen unter anderem auch bei der Meerwasserentsalzung zum Einsatz.

Das Prinzip kennt man noch aus dem Chemieunterricht...

Genau, manchen ist vielleicht noch die Osmose und die semipermeable Membran bekannt: Dabei trennt man zwei Flüssigkeiten mit unterschiedlichen Salzkonzentrationen durch eine semipermeable Membran, die wasserdurchlässig ist. Das Wasser hat die Tendenz, durch die Membran in die Flüssigkeit mit der hohen Konzentration zu fließen, um den Konzentrationsunterschied auszugleichen. Bei Membranen zur Wasserreinigung ist es genau umgekehrt. Man presst das Wasser mit Pumpen durch die Membran und zurück bleibt das Salz oder die Verunreinigung. Fachleute sprechen dabei von Umkehrosmose, weil das Wasser in die der Osmose entgegengesetzte Richtung fließt.

Welche Typen von Membranen gibt es noch?

Membranen werden auch aus Metall oder Keramik hergestellt. Keramik-Membranen nutzt man auch in der Wasseraufbereitung. Sie haben aber den Nachteil, dass sie spröde sind und sich schwer verarbeiten lassen. Ein Vorteil wiederum ist, dass sie höhere Temperaturen aushalten.

Was genau erforschen Sie, beziehungsweise, wie verbessern Sie Membranen?

Wir arbeiten daran, die Polymere für unsere Membranen gezielt zu verändern, um die Reinigungsleistung zu erhöhen oder den Energieaufwand zu verringern. Nehmen wir zum Beispiel unsere Membranen, die Schwermetalle aus dem Wasser holen. Wir haben die Oberfläche der Polymermembran mit Molekülen beschichtet, die gezielt bestimmte giftige Schwermetalle wie zum Beispiel Blei und Arsenverbindungen aus dem Wasser angeln. Erwünschte Metalle wie etwa Magnesium können die Membran ungehindert passieren. Indem wir Schwermetalle gezielt herausfischen, können wir die Poren größer machen.

Und das ist von Vorteil?

Die Poren müssen jetzt nicht mehr so klein sein, dass Schwermetalle hängen bleiben, weil die Membran sie gewissermaßen aktiv herausfischt. Größere Poren bedeuten, dass das Wasser leichter durch die Membran strömt. Der Druck der Pumpen kann verringert werden und dadurch sinkt der Energieverbrauch. Darüber hinaus arbeiten wir auch an Beschichtungen, die verhindern, dass sich auf den Membranen Rückstände ablagern.

Wie groß ist heute die Bedeutung von Entsalzungsanlagen – in Deutschland und weltweit?

In Deutschland ist die Meerwasserentsalzung kein großes Thema, weil wir mit Oberflächen- und Grundwasser gut versorgt sind. Die einzige größere Meerwasserentsalzungsanlage wird auf der Insel Helgoland betrieben, weil eine Trinkwasserleitung zum Festland zu teuer wäre. Entsalzungsanlagen spielen vor allem im Nahen Osten oder auch in Kalifornien eine große Rolle – für allem in der Landwirtschaft. In Kalifornien wird zum Beispiel viel Wasser für die Produktion von Mandeln benötigt. Der Wasserverbrauch ist enorm. Pro Kilo Mandeln braucht man mehr Wasser als für ein Kilo Melonen. Durch die wachsende Weltbevölkerung und den Klimawandel wird die Bedeutung der Meerwasserentsalzung noch zunehmen.

Wie läuft die Entsalzung ab?

Über Umkehrosmose – also mithilfe großer Pumpen, die das Wasser durch die Membranen pressen. Die größte Meerwasserentsalzungsanlage der Welt steht in Israel. Sie erzeugt pro Tag eine Wassermenge, mit der sich drei Millionen Badewannen füllen ließen. Die Membranen sind zu sogenannten Spiralwickelmodulen aufgewickelt. Würde man sie ausbreiten, würden sie eine Fläche von 90 Fußballfeldern bedecken. Das macht die Dimensionen klar. Diese Anlage verbraucht zwar viel Strom, arbeitet aber recht effizient: Mit drei Kilowattstunden Strom lassen sich 1000 Liter Wasser entsalzen – das ist so viel Strom, wie 50 60-Watt-Glühbirnen in einer Stunde verbrauchen. Für eine Umkehrosmose-Anlage ist das ein guter Wert.

Gibt es ein Abfallprodukt?

Das Problem besteht darin, dass bei der Entsalzung hochkonzentrierte Salzsole anfällt, die entsorgt werden muss. In manchen Regionen wird sie im Meer verklappt. Welche Auswirkungen das auf die Meeresumwelt hat, ist noch nicht abschließend erforscht. Es gibt inzwischen aber Bestrebungen, die Sole industriell zu nutzen und daraus wertvolles Lithium zu gewinnen, das für Batterien benötigt wird.

Zur Wasserreinigung: Warum muss man Wasser überhaupt mit Membranen filtern?

Weil Membranen das Wasser besonders gut filtern und viele Rückstände herausholen. Membranverfahren sind energetisch vorteilhaft, zum Beispiel im Gegensatz zu einer Destillation. Membranen werden übrigens nicht nur für die Wasserreinigung eingesetzt, sondern auch für andere Flüssigkeiten. Milch wird zum Beispiel mit der sogenannten Nano- oder Ultrafiltration behandelt. Die Forschung an Membranen – sie wird immer wichtiger werden.

Hintergrund


In den Hereon-Laboren gibt es auch Membranen, die für die CO2-Abtrennung genutzt werden. Und auf dem neuen Hereon-Forschungsschiff CORIOLIS sollen Membranen Sauerstoff in der Abgasluft des Dieselmotors senken und so den Ausstoß von Stickoxiden maßgeblich verringern.

Zur Person

Dr. Volkan Filiz, Leiter der Abteilung für Mikroporöse Polymere

Filiz studierte Physikalische Chemie und promovierte darin mit dem Thema „Funktionalisierung von Polymersomen zur Einkapselung von hydrophoben und hydrophilen Nanopartikeln und Wirkstoffen“. Er arbeitet seit 2009 am Helmholtz-Zentrum Hereon.

Weitere Informationen


Website Hereon-Institut für Membranforschung Hereon-PM zu Membranen in der Reinigung von Industrieabgasen Website Holcim – Membranen in der Zementproduktion Website Hamburg Innovation

Kontakt


Dr. Volkan Filiz

Wissenschaftler

Institut für Membranforschung I Helmholtz-Zentrum Hereon

Tel: +49 (0) 4152 87-2425

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Christoph Wöhrle

Wissenschaftsredakteur

Kommunikation und Medien I Helmholtz-Zentrum Hereon

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