Landstrom für Schiffe? – Wissenschaftler am Helmholtz-Zentrum Geesthacht untersuchen Schiffsabgase in der Luft des Nordseeraumes
Mit Kooperationspartnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Behörden soll das im Herbst 2010 gestartete dreijährige INTERREG Projekt Clean North Sea Shipping (CNSS) den Einsatz schadstoffärmerer Kraftstoffe sowie Technologien zur Abgasminderung in der Schifffahrt und in den Häfen des Nordseeraums voranbringen. Wissenschaftler des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht untersuchen in diesem Rahmen, welchen Anteil Schiffsemissionen an der Verschmutzung der Atmosphäre im norddeutschen Küstenraum haben. So sollen Aussagen zur Konzentration von Schwefel- und Stickoxiden in der Luft getroffen und u.A. in Zusammenarbeit mit der Stadt Hamburg und der Region Rijnmond/Rotterdam (NL) die bestehenden Schadstoffregister verbessert werden.
Luftverschmutzung in küstennahen Gebieten
Auch Küstengebiete und Hafenstädte sind vom Schwefel- und Stickoxidausstoß durch Schiffe betroffen. Foto: HZG
Nicht nur während der Fahrt sondern auch während der Liegezeiten stoßen Schiffe große Mengen Schwefel- und Stickoxid in die Atmosphäre aus und verschmutzen die Luft im Bereich der Küstengebiete sowie Hafenstädte – vor allem im Umfeld viel befahrener Routen wie dem Ärmelkanal.
„Im Vergleich zu relativ sauberem Benzin und Diesel für Autos betreiben Schiffe ihre Motoren mit schwefelreichem und schwermetallhaltigem Schweröl“, erklärt der Wissenschaftler am Institut für Küstenforschung, Dr. Volker Matthias. „Hinzukommend sind Abgasreinigungssysteme im internationalen Schiffsverkehr kaum verbreitet.“
Im Sommer 2000 zeigten sich in ganz Dänemark und weiten Teilen Norddeutschlands bis zu 50 Prozent erhöhte Werte an Nitrat-Aerosolpartikeln durch die Schiffsabgase. Foto: HZG/Volker Matthias
In einer 2010 veröffentlichten Studie untersuchten die Wissenschaftler des Instituts beispielhaft, dass die Abgase von Schiffen aufgrund der schlechten Treibstoffqualität besonders viel Schwefeldioxid sowie hohe Mengen Stickoxide enthalten. Ergebnis: Auch viele hundert Kilometer landeinwärts erhöhen sich dadurch die Feinstaubkonzentrationen deutlich.
So zeigten sich beispielsweise im Sommer 2000 in ganz Dänemark und weiten Teilen Norddeutschlands bis zu 50 Prozent erhöhte Werte an Sulfat- und Nitrat-Aerosolpartikeln durch die Schiffsabgase.
„Die Studie zeigte uns ebenfalls, dass 50 Prozent weniger Schwefel in den Schiffstreibstoffen den Anstieg der Sulfatkonzentration im gemessenen Zeitraum bis auf 25 Prozent begrenzen könnte“, ergänzt Volker Matthias.
Wesentliches Ziel des vom Land Schleswig-Holstein und dem Hordaland City Council in Norwegen initiierten Projektes CNSS ist es deshalb, Konzepte für Technologien und wirtschaftliche Anreizsysteme zu entwickeln, um den Emissionsausstoß von Schiffen zu reduzieren.
Konzepte für die Einführung umweltfreundlicher Schiffstechnologien
Anstieg der Konzentration des Feinstaubkomponenten Sulfat aufgrund von Schiffsabgasen im Juli 2000. Foto: HZG/Volker Matthias
So könnten Schiffe in den Häfen des Nordseeraums beispielsweise mit Landstrom versorgt werden anstatt während der Liegezeiten den eigenen Dieselkraftstoff in ihren Stromgeneratoren zu verbrennen. Während der Fahrt wäre mittelfristig der Betrieb mit Flüssiggas oder bei kleineren Schiffen auch mit Brennstoffzellen denkbar.
Die Aufgabe der Arbeitsgruppe um Volker Matthias ist es dabei, mit Hilfe eines am Helmholtz-Zentrum Geesthacht betriebenen Chemietransportmodells die Konzentration von Stickstoff- und Schwefeloxid in der Atmosphäre zu bestimmen und den Anteil der Schiffsemissionen an der Luftverschmutzung im Nordseeraum zu berechnen.
Ebenso soll untersucht werden, welche Effekte geplante Emissionsminderungen tatsächlich auf die Luftqualität haben und ob eventuelle Überschreitungen gesetzlicher Grenzwerte damit verhindert werden können.
Vortrag zum Thema
Am 1. Dezember 2010 wird Dr. Volker Matthias auf der BUND-Tagung im Haus der Wissenschaft in Bremen zum Thema „Nährstoffeintrag aus der Luft – Beitrag zur Eutrophierung“ referieren.
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Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung
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